Soziale Systeme

Notwendigkeit vs. Kontingenz

Schon im ersten Kapitel seines Werkes Soziale Systeme erklärt Niklas Luhmann: „Jeder Kontakt wird als System begriffen …“


argumentation
 

Systeme begründen eine Abhängigkeit, die gleichzeitig auch Unabhängigkeit ist – der Begriff der Kontingenz (als Gegenteil zur Notwendigkeit) wird eingeführt: Es hätte schließlich auch anders sein können.
Durch jeden Kontakt, jede Interaktion wird eine Abhängigkeit zwischen Elementen hergestellt, die gleichzeitig voneinander unabhängig sind (und das auch weiterhin bleiben).

Ein soziales System ist demzufolge die permanent neu zu ziehende (Sinn-)Grenze zu seiner eigenen Umwelt.

Soziale Systeme stehen im klaren Gegensatz zum gewohnten Kausalitätsbegriff, der sich mit der Abhängigkeit von Ursache und Wirkung begnügt. Systeme oszillieren permanent zwischen der Abhängigkeit und Unabhängigkeit ihrer Elemente.

Anstelle der Notwendigkeit (Wirkung, begründet durch Ursache) tritt hier die Kontingenz (es könnte immer auch anders sein) bzw. doppelte Kontingenz: wir kommunizieren und handeln im beständigen Wissen darum, dass andere auch anders kommunizieren könnten und machen unser Handeln deshalb davon abhängig (siehe dazu auch: Vertrauen und Misstrauen bzw. über die richtige Taktik beim Elfmeterschießen).

Kommunikation als basales Element sozialer Systeme schafft die Grundlage für die Erhaltung des Systems, eröffnet Anschlussmöglichkeiten und – nicht zuletzt – holt den Menschen als Kommunikator und dadurch conditio sine qua non ins System.

Soziale Systeme strukturieren sich durch Kommunikation. Wir Menschen (als eigenständige psychische und biologische Systeme) stehen sozialen Systemen als Umwelten zur Verfügung, indem wir an dieser Kommunikation teilnehmen.

Systeme werden also durch unsere Kommunikationen und Handlungen gebildet. Sobald wir aufhören (im Rahmen eines bestimmten Systemkontextes) zu kommunizieren hört dieses System auf zu existieren.