die Entfaltung des Paradoxons

Sieben Schritte zum systemischen Denken / VII – Das Paradoxon (παράδοξον)

 

paradoxDie schöne Vorstellung von der zweiwertigen Logik, die uns vorgaukelt Aussagen seien entweder wahr oder falsch, ist im systemischen Denken nicht aufrecht zu erhalten. Unsere Welt ist voller Widersprüche und Vieldeutigkeiten, mit denen zu leben wir uns anfreunden müssen.

Das vielzitierte Paradoxon vom Barbier veranschaulicht das sehr schön:

Der Barbier von Sevilla rasiert alle Männer der Stadt, nur diejenigen nicht, die sich selbst rasieren. Die Frage lautet nun: Rasiert der Barbier sich selbst?

Paradoxe Situationen begegnen uns oft im Entscheidungskonflikt: Wenn einander widersprechende Handlungsaufforderungen als Entscheidungsgrundlage dienen, ist guter Rat teuer. Die Zwickmühle, mit der wir uns konfrontiert sehen lautet sinngemäß: Tust du das Richtige, dann ist es Falsch und tust du das Falsche, dann ist es Richtig. Objektive Unentscheidbarkeit ist die Folge und lähmt alles Handeln.

Heinz von Foerster bringt die Situation auf den Punkt indem er das Paradoxon in Worte gießt: Nur unentscheidbare Fragen können entschieden werden (Sicht und Einsicht, 1985). Gäbe es nämlich objektive Kriterien um zwischen richtig und falsch unterscheiden zu können, dann wäre keine Entscheidung notwendig, sondern nur die (akademische) Feststellung oder Berechnung was jetzt, entsprechend diesen Kriterien, richtig oder falsch ist.

Die Möglichkeiten, mit paradoxen Situationen umzugehen lassen sich in Form eines Tetralemmas darstellen: Das Eine, das Andere, sowohl-als-auch und weder-noch sind die vier Positionen die bezogen werden können.
Die Entfaltung bzw. Bewältigung der paradoxen Situation kann durch zwei Mechanismen bewerkstelligt werden: Parallelisierung bzw. Teilung ermöglicht das „sowohl-als-auch“, die Einführung von Zeit ermöglicht das „entweder-oder“ zeitversetzt zu realisieren. Gelingt das nicht, bleibt die Handlungsunfähigkeit in Form des „weder-noch“ bestehen.

Der siebente Schritt zum systemischen Denken: Betrachten Sie Ambivalenz, Widerspruch und das Nebeneinander von Gegensätzlichem als selbstverständlich – und freuen Sie sich über die Vielfalt Ihrer Handlungsalternativen